Die Begriffsdefinition gestaltet sich zunächst schwierig: Die sogenannte Schwarmfinanzierung stellt eine Form der Finanzierung durch Investoren dar. Doch was die Gegenleistung betrifft gibt es unterschiedliche Modelle. Vom klassischen Risikokapital kennt man die Gewinnbeteiligung der Investoren an den Investments. Diese Form gibt es auch hier. Doch das Crowdfunding hat eine neue Generation des Investments geboren: Geld gegen ein Dankeschön oder das neue Produkt als Geschenk bzw. zum Vorzugspreis.
Bereits im Jahr 2000 wurde mit der Plattform ArtistShare eine Form des Crowdfunding gegründet. Diese ermöglichte Musikern, Ihre Sounds einer breiten Masse vorzustellen und über Spenden das Produzieren des Albums zu finanzieren. Irgendwo haben wir das damals aufgeschnappt, aber nie so richtig einzuordnen gewusst. Ab dem Jahr 2006 schließlich wurde der Begriff Crowdfunding gebräuchlicher und populärer, doch erst 2 Jahre später wurden die erste Plattformen der heute bekannten Schwarmfinanzierung gegründet: Indiegogo.com und kickstarter.com.
- Die Chance Crowdfunding
- Gefahren beim Crowdfunding
- Wo also liegen die Vorteile gegenüber Risikokapital?
- Eine Bewegung zieht immer auch die dunkle Seite an
- Die beiden Modelle der Schwarmfinanzierung
- Fazit
Die Chance Crowdfunding
Der breiten Masse ist Crowdfunding bisher nicht geläufig, doch in diesem Frühjahr rückt es mit einem Schlag ins Bewusstsein: Pepple!
Pebble, das ist eine Uhr mit E-Paper Reader, wurde als Idee auf kickstarter.com vorgestellt. Der Erfinder brauchte für die Umsetzung Geld und sah seine Chance. Mehr als das das 100-fache der benötigten Summe erhielt er schließlich durch die Investoren. Der Schwarm hat sich für das entschieden, was Risikokapitalgeber zuvor abgelehnt hatten.
Mittlerweile gibt es vielzählige solcher Erfolgsgeschichten, und auch in Deutschland nimmt die Bereitschaft zu, neue Ideen über diesen Weg mit Kapital zu versorgen. Für eine erfolgreiche Präsentation stellen die Innovatoren Ihre Vorhaben bis ins kleinste Detail vor und suchen den direkten Kontakt zu Ihren Kapitalgebern. Somit wird das Investment im Crowdfunding persönlicher, was aber nicht bedeutet, dass es ein Mitspracherecht gibt. Denn je nach gewählter Plattform, sprich Modell, kommt es nur zum Austausch und der angesprochenen Danksagung oder aber, und das bleibt jedem selbst überlassen, einer Gewinnbeteiligung.
Chancen haben vor allem solche Projekte, die einfach sind und schnell verstanden werden können. Alles, was in länger als 2 Minuten erklärt werden muss, ist der breiten Masse nur schwer zu vermitteln. Genau diese wird jedoch benötigt, um genügend Kapital zusammenzutragen. Und die breite Masse muss sich auch vorstellen können, dass das Produkt Chancen auf dem Massenmarkt hat, denn nur dann sind Erfolg und Gewinne zu erwarten.
Gefahren beim Crowdfunding
Was auf den ersten Blick so vielversprechend aussieht kann sich schnell als Scheiterhaufen herausstellen: Die versprochene Gegenleistung oder aber die Rendite sind bei einer möglichen Insolvenz des Unternehmens schnell futsch. Häufig haben Investoren nicht die nötige Expertise, um Chancen des Produkts zu ermitteln aber vor Allem die Risiken zu erkennen. Neben dem Marktumfeld ist vor allem das Engagement und der Umsetzungswille des Gründers entscheidend über Sieg oder Niederlage. Gerade dann, wenn eine persönliche Emotion durch die Idee angeregt wird, entscheiden Kapitalgeber aus einem reinen Bauchgefühl heraus – ein Abwägen findet nicht statt.
Genauso hat sich der Ideengeber natürlich mit möglichen Risiken auseinanderzusetzen: Was, wenn die Investoren beim gewinnorientiertem Crowdfunding in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Gewinn erzielen wollen und man diesem Druck nicht gewachsen bin? Was, wenn man die versprochene Gegenleistung nicht liefern kann, weil z.B. die Produktion auf kleine Mengen ausgelegt ist oder das Geschäftsmodell keine Skalierung zulässt?
Zudem fehlen, im Gegensatz zum klassischen Venture Capital, die Unterstützung im Aufbau des neuen Projekts durch erfahrene Investoren. Diese haben immer ein hervorragendes Netzwerk aus Experten und kennen sich mit den Bedingungen bei der Gründung einer Unternehmung aus. Genau dieser Erfahrungsschatz fehlt jedoch beim Crowdfunding, wenn nicht der kluge Kopf selbst diese Erfahrung mitbringt.
Wo also liegen die Vorteile gegenüber Risikokapital?
Auch wenn die meisten Projekte auf den Plattformen nie durch Venture Capital unterstützt werden würden, so gibt es doch einige Start-Ups, die durchaus das Potential haben, etwas ganz Großes in Bewegung zu setzen. Diese Perlen bleiben auch dem Risikokapital nicht verborgen, doch einige Gründer lehnen dieses oft ab. Sie wählen durchaus bewusst den Finanzierungsweg über den Schwarm. Denn trotz vermeintlich schwierigerem Weg in der Gründungsphase bleiben sie Alleinentscheider. Genau das macht den Charm des Crowdfunding für Unternehmensgründer und kluge Köpfe aus: Sie bleiben weiterhin ihr eigener Herr und führen das Projekt in ihrem Sinne fort, ohne dass sie durch Mitsprache – oder gar Mitbestimmungsrecht eingeengt werden. Der große Vorteil des Crowdfunding besteht also in der Beibehaltung der Unabhängigkeit.
Eine Bewegung zieht immer auch die dunkle Seite an
Sobald sich die Vorteile und Chancen der Schwarmfinanzierung in der Breite herumsprechen wird es zunehmend vorgestellte Projekte geben, die eigentlich keiner Fremdfinanzierung würdig sind. Auf den Plattformen gibt es momentan keine ausgereifte Instanz bzw. wird bewusst auf sie verzichtet, welche eine Vorauswahl trifft. Allein die große Anzahl an Projekten macht es kaum möglich, eine intensive Prüfung aller vorzunehmen. So tauchen nun vermehrt Projekte auf, die zum Beispiel eine sehr zielgruppenspitze Buch Veröffentlichung anstreben (und damit gewiss nicht massenkompatibel sind) oder ein Kindle eBook zur Hundeerziehung durch Amateure. Von den irrwitzigen Ideen einmal abgesehen ist die Form einer solchen Prüfung nicht trivial.
Man kann jedoch von einer Art Prüfung durch die Investoren sprechen, wenn die Anzahl der Kapitalgeber als Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Je mehr Investoren umso „besser“ das Produkt. Wenn wir nun den Faktor Bauchgefühl mit einbeziehen, so kann beim Crowdfunding sogar von einer Art Meinungsäußerung gesprochen werden.
Doch genau diese Einschätzung von Ideen und Projekten über die Masse kann gefährlich werden. Dann nämlich, wenn die Idee einzig und allein darauf ausgelegt ist, ie Investoren zu betrügen.
Eine Erfolgsgrantie der Finanzierung durch Crowdfunding kann einem Start-Up nicht gegeben werden. Oftmals jedoch wird viel Zeit und Energie in die Vorstellung des Projekts gesteckt welche schließendlich erfolglos war. Das Scheitern des vorgestellten Projekts auf den Plattformen kann vermieden werden, wenn vorab eine faire Prüfung des Projekts stattfindet hinsichtlich Marktumfeld und Verständlichkeit für die potentiellen Investoren. Zudem gibt es keine validen Aussagen über Erfolgsquoten auf den Plattformen.
Die beiden Modelle der Schwarmfinanzierung
Gewinnorientiertes Crowdfunding
Die Investoren setzen bei Ihrem Investment auf eine schnelle Entwicklung der finanzierten Unternehmung. Der Ideengeber bietet im Gegenzug zum Investment eine Beteiligung am Unternehmen an. DIe Investments beginnen bei kleinen Beträgen (Microinvestment) und können von einer großen Anzahl Investoren getätigt werden. Dieses Modell kommt dem klassischen Risikokapital nahe.
Plattformen in deutscher Sprache: seedmatch.de, innovestment.de
Nicht-gewinnorientiertes Crowdfunding
Die Gegenleistung für sein Investment erhält der Kapitalgeber oft keinen materiellen Wert, sondern eine Danksagung. Auch sind Vorzugspreise o.Ä. gängig. Das Investment kann somit auch als Spende betrachtet werden. Indiegogo.com und kickstarter.com sind die größten Plattformen, bei denen allerdings Ausländer als Projektgründer aussen vor bleiben.
Plattformen in deutscher Sprache: startnext.de, inkubato.com
Fazit
Die Schwarmfinanzierung bietet vor allem Ideen und Unternehmungen in der frühen Gründungsphase die Möglichkeit, schnell an das nötige Grundkapital zur Umsetzung zu gelangen – Risikokapitalgeber scheuen hier oft ein Investment. Das Crowdfunding birgt aber auch für beide Seiten – Kapitalgeber und Start-Up – Risiken, vor allem wenn die Tugenden eines Unternehmers ausser acht gelassen werden. Denn auch im Crowdfunding handelt es sich um Investments mit einem Risiko, was jedoch gerne übersehen wird und so aus einem Hype schnell ein Fiasko werden kann.
Für viele ist Crowdfunding eine tolle Chance, um ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, obwohl eigene finanzielle Mitteln nicht zur Verfügung stehen. Dennoch gehen die Meinungen dazu sehr oft auseinander. Es bleibt also abzuwarten, wie sich das ganze Thema hier bei uns mit der Zeit entwickelt.